Dinosaurier

 

zurück / back zum Index

WISSEN / Sozialverhalten der Dinosaurier

 

Wenn wir uns Dinosaurier als Mitglieder einer weitläufigen, ausgewogenen Gemeinschaft vorstellen, dann war jedes Mitglied auf die anderen in gewisser Weise angewiesen. Zwischen den Tiergruppen bestanden gewisse Abhängigkeiten, wie sie auch heute in der afrikanischen Savanne zu beobachten sind. Ein Löwe braucht beispielsweise eine Gazelle als Nahrung, Gazellen brauchen die Löwen, damit die Herden dezimiert werden und die Steppen und Savannen nicht restlos kahlgefressen werden. Auch unter den Dinosauriern gab es solche Zweckgemeinschaften. Pflanzenfresser lebten in großen Herden und auch die Raubdinosaurier lebten bis auf wenige Ausnahmen wahrscheinlich in Rudeln wie der kleine Sinosauropteryx.

 

Neovenator & Hypsilophodon © Todd Marshall. Verwendet mit freundlicher Genehmigung des Autors.
Neovenator, Hypsilophodon
© Todd Marshall
Sinosauropteryx © Julius Csotonyi - Verwendet mit freundlicher Genehmigung des Autors.
Sinosauropteryx
© Julius Csotonyi

 

Zum Paarungsverhalten von Theropoden stellten der Wissenschaftler Martin G. Lockley und seine Kollegen im Jahr 2015 eine interessante wissenschaftliche Arbeit vor. Demnach haben einige Theropoden bei der Balz offenbar wie Hühner mit den Füßen in der Erde gescharrt. Die Forscher untersuchten an vier Orten mehrere Fußabdrücke von Theropoden im US-Bundesstaat Colorado in der Dakota-Sandstone-Formation, deren Gesteinsschichten aus der mittleren Kreidezeit vor etwa 100 Millionen Jahren stammen. Sie entdeckten Mulden, aus denen offenbar Sand gescharrt wurde. Sie fanden 60 symmetrisch angeordnete Mulden, die bis zu zwei Meter lang und bis zu 25 Zentimeter tief waren. Das Scharren zum Nestbau oder die Wasser- und Nahrungsuche schloßen die Forscher aus, da sie keine Hinweise auf Nester oder Beutetiere fanden. Sie nehmen daher an, dass das Scharren zu bestimmtene Jahreszeiten, wahrscheinlich im Frühjahr, der Balz diente. Viele rezente Vögeln wie etwa der Papageitaucher oder der afrikanische Strauß tun dies heute auch.

Zur Verteidigung besaßen viele herbivore Dinosaurier beeindruckende Mittel. Diese Waffen waren zum einen Panzerungen der oberen Hautfläche. Diese bestand aus einzelnen, flexibel miteinander verbundenen Knochenplatten, sogenannten Osteodermen. Zum anderen besaßen Dinosaurier wie Ankylosaurus (Abb. 3) eine knöcherne Schwanzkeule, Stegosaurus und Triceratops(Abb. 4) lange Stacheln und Hörner oder wie Diplodocus sehr lange peitschenartige Schwänze. Anderen Pflanzenfressern fehlten solche Waffen. Dafür besaßen sie wiederum Fähigkeiten wie etwa ein besseres Hör- und Sehvermögen, um Raubtiere schon in großer Entfernung wahrnehmen zu können. Vielleicht konnten sie ihr Aussehen der Umgebung anpassen, indem ihre Haut die Farbe der sie umgebenen Natur annahm, wie es auch heute bei vielen Echsenarten der Fall ist. Die kleinen Ornithopoden wie Hypsilophodon war sehr schnelle Läufer mit langen Hinterbeinen und konnten aufgrund ihrer Geschwindigkeit leicht ihren Jägern entkommen.

 

Schwanzkeule des Ankylosaurus / © Tim Evanson , bearbeitet durch Dinodata.de. Creative Commons ShareAlike 2.0 Generic (CC BY-SA 2.0)
3) Schwanzkeule des Ankylosaurus
© Tim Evanson
Triceratops Schädel / Kit Dunsmore, bearbeitet durch Dinodata.de. Creative Commons ShareAlike 2.0 Generic (CC BY-SA 2.0)
4) Schädel des
Triceratops
// Kit Dunsmore
Atlasaurus-Herde / © Raul Lunia. Verwendet mit freundlicher Genehmigung des Autors.
5) Atlasaurs-Herde
© Raul Lunia
---
Centrosaurus-Herde / © Raul Lunia. Verwendet mit freundlicher Genehmigung des Autors.
6) Centrosaurus-Herde
© Raul Lunia
---

 

Dinosaurier waren Herdentiere. Erkenntnisse darüber beruhen nicht nur auf Spekulationen, sondern auch auf einige aussagekräftige Funde. Wie viele der heutigen Tiere lebten auch die Sauropoden (Bild 5) und andere Pflanzenfresser in Herden. Und einige spektakuläre Funde wie Massengräber in Nordamerika belegen eindeutig, dass Hadrosaurier und Ceratopsier in großen Herden lebten. In Alberta (Kanada) stieß man auf das Massengrab des Centrosaurus von mindestens 300 Tieren, die vermutlich bei der Durchquerung eines Flusses ertranken (Abb. 6). Einen besonders Aufsehen erregenden Fund machten Paläontologen in Montana (USA). Dort wurden Knochen von mindestens 10.000! Maiasaurier entdeckt, die alle während eines Vulkanausbruchs starben.

Dinosaurier betrieben Brutpflege. Wie moderne Vögel und andere rezente Tiere führten manche Dinosaurier sicher auch Paarungsspiele durch. Sie bauten Nester und betrieben Brutpflege (Abb. 7). Die Dinosaurierweibchen legten hartschalige Eier in Sand- oder Erdnester, um sie dann mit Erde oder Pflanzenteilen zu bedecken. So wurden die Eier durch die Sonne und die Kompostierungswärme ausgebrütet. Die von John Horner entdeckten Nester des Orodromeus zeigen, dass sich in einem Gelege bis zu 24 Eier befanden, die spiralförmig darin angeordnet waren. Die leeren Schalen lagen unversehrt im Nest, lediglich die Spitzen waren aufgebrochen.

 

Modell eines Maiasaura-Nest / Paul Rowe.Creative Commons NonCommercial 2.0 Generic (CC BY-NC 2.0)
7) Modell eines
Maiasaura-Nest
© Paul Rowe
Maiasaura bei der Brutpflege. © Jan Ake Winqvist. Verwendet mit freundlicher Genehmigung des Autors.
8) Maiasaura bei
der Brutpflege
© Jan Ake Winqvist

 

Wahrscheinlich verließen die Jungtiere sofort das Nest, nachdem sie geschlüpft waren. In der Umgebung der Nester wurden Spuren von Nesträuber und Aasfresser entdeckt. Man fand Insekten, aber auch Zähne des Troodon und Albertosaurus, die sich vermutlich die Eier oder die Jungtiere schmecken ließen. Maiasaura benutzte vermutlich die gleiche Methode des Ausbrütens wie Orodromeus (Abb. 8). Doch die Jungen der Maiasaura blieben in ihren Nestern und wurden nach dem Schlüpfen von den Elterntieren mit Futter versorgt. Die Forscher nehmen das an, da in einigen Nestern die Eierschalen zertreten waren und darin Überreste verdauter Beeren und Blätter gefunden wurden. Die frisch geschlüpften Maiasaura waren etwa 30 Zentimeter lang und ihr Skelett noch nicht vollständig ausgebildet. Erst als sie 1,5 Meter lang waren, konnten sie das Nest verlassen. Das Brutverhalten von Orodromeus und Maiasaura zeigt einen hohen Grad sozialer Entwicklung. Man nimmt an, dass diese Tiere jedes Jahr denselben Nistplatz aufsuchten. Demnach mussten sie über einen Heimfindeinstinkt verfügt haben, ähnlich wie viele heute lebende Tiere.

- - - - -

Weitere Informationen

Earliest evidence of herd-living and age segregation amongst dinosaursOpen Access / Diego Pol, Adriana C. Mancuso, Roger M. H. Smith, Claudia A. Marsicano, Jahandar Ramezani, Ignacio A. Cerda, Alejandro Otero, Vincent Fernandez, 2021 / Scientific Reports, Volume 11, Article number: 20023 PDFPDF

Fossil eggshell cuticle elucidates dinosaur nesting ecologyOpen Access/ Tzu-Ruei Yang​, Ying-Hsuan Chen, Jasmina Wiemann, Beate Spiering, P. Martin Sander, 2018 / PeerJ 6:e5144 https://doi.org/10.7717/peerj.5144 /PDFPDF

Hints of the Early Jehol Biota: Important Dinosaur Footprint Assemblages from the Jurassic-Cretaceous Boundary Tuchengzi Formation in Beijing, ChinaOpen Access / Lida Xing, Jianping Zhang, Martin G. Lockley, Richard T. McCrea, Hendrik Klein, Luis Alcalá, Lisa G. Buckley, Michael E. Burns, Susanna B. Kümmell, Qing He, 2015 / PLoS ONE 10(4): e0122715. doi:10.1371/journal.pone.0122715 /PDFPDF

Herd structure in Late Cretaceous polar dinosaurs: A remarkable new dinosaur tracksite, Denali National Park, Alaska, USA / Anthony R. Fiorillo, Stephen T. Hasiotis, Yoshitsugu Kobayashi, 2014 / Geology (2014) 42 (8): 719–722. https://doi.org/10.1130/G35740.1

Theropod courtship: large scale physical evidence of display arenas and avian-like scrape ceremony behaviour by Cretaceous dinosaursOpen Access / Martin G. Lockley, Richard T. McCrea, Lisa G. Buckley, Jong Deock Lim, Neffra A. Matthews, Brent H. Breithaupt, Karen J. Houck, Gerard D. Gierliński, Dawid Surmik, Kyung Soo Kim, Lida Xing, Dal Yong Kong, Ken Cart, Jason Martin, Glade Hadden, 2016 / Scientific Reports 6, Article number: 18952 (2016) / doi:10.1038/srep18952 /PDFPDF

Trace fossils on dinosaur bones reveal ecosystem dynamics along the coast of eastern North America during the latest Cretaceous Open Access / Chase D. Brownstein​, 2018 / PeerJ 6:e4973 https://doi.org/10.7717/peerj.4973 /PDFPDF

Tracking dinosaurs in BLM canyon country, UtahOpen Access / Rebecca K. Hunt-Foster, Martin G. Lockley, Andrew R.C. Milner, John R. Foster, Neffra A. Matthews, Brent H. Breithaupt, Joshua A. Smith, 2016 / Geology of the Intermountain West, [S.l.], v. 3, p. 67-100, jan. 2017. ISSN 2380-7601 /PDFPDF

Vertebrate tracksites in the Obernkirchen Sandstone (late Berriasian, Early Cretaceous) of northwest Germany - their stratigraphical, palaeogeographical, palaeoecological, and historical context / Jahn J. Hornung, Annina Bohme, Torsten van der Lubbe, Mike Reich, Annette Richter, 2012 / Paläontologische Zeitschrift, September 2012, Volume 86, Issue 3, pp 231-267

- - - - -

Bildlizenzen

3) Schwanzkeule des Ankylosaurus © Tim Evanson:
Creative Commons Creative Commons ShareAlike 2.0 Generic (CC BY-SA 2.0)

4) Schädel des Triceratops © Kit Dunsmore:
Creative Commons Creative Commons ShareAlike 2.0 Generic (CC BY-SA 2.0)

7) Modell eines Maiasaura-Nest © Paul Rowe:
Creative Commons Creative Commons NonCommercial 2.0 Generic (CC BY-NC 2.0)

- - - - -

Grafiken und Illustrationen von Raul Lunia

Grafiken und Illustrationen von Julius Csotonyi

Grafiken und Illustrationen von Todd Marshall

Grafiken und Illustrationen von Jan Ake Winqvist